Melbourne Cup – Ein Tag beim Pferderennen
Es ist verrückt. Seit 1877 ist der Tag des Melbourne Cup Carnival, der erste Dienstag im November, in der Metropolregion gesetzlicher Feiertag. Ein Pferderennen legt tagsüber Stadt und Umland still, und am Abend des Pferderennens flippt Melbourne in den Pubs aus. Die Locals nennen das Rennen „The race that stops a nation“. Weil auch in anderen Bundestaaten die Menschen ab mittags kaum noch arbeiten und pünktlich um 3pm nach einem ausgedehnten flüssigen Lunch mit fester Nahrungsaufnahme vor dem TV sitzen. Ein Pferderennen über zwei Meilen ist zum australischen Kulturgut geworden. Dabei geht es nicht nur um einen Tag, sondern die Melbourne Cup Week umfasst vier Tage auf der Rennbahn.
In diesem Jahr fällt der Startschuss für die Rennwoche am 3. November. Victoria Derby Day, Hauptrennen über 2.500 Meter, 1.2 Millionen Dollar Preisgeld für den Sieger. Besucher: 91.000. Der 6. November ist d e r Derby Day. Lexus Melbourne Cup, Hauptrennen über 3.200 Meter, vier Millionen Dollar Preisgeld für den Gewinner. Besucher: 84.000. Am 8. November findet der Kennedy Oaks Day statt, Hauptrennen über 2.500 Meter, 600.000 Dollar Gewinnprämie. Besucher: 62.000. Und am 10. November geht die Cup Week mit dem Seppelt Wines Stakes Day zu Ende, Hauptrennen über 2.000 Meter, 1.2 Millionen Dollar für den Erstplatzierten. Besucher: 67.000. Insgesamt besuchen 303.000 Zuschauer die vier Renntage in Flemington. 451 Pferde laufen in 37 Rennen um über 20 Millionen Dollar Preisgeld. Die Melbourne Cup Week ist für Australien der wichtigste Pferderennsport-Event des Jahres.
Ich plane, am 6. November zur Rennbahn nach Flemington zu fahren. Zum Höhepunkt der Rennwoche. Doch vormittags ertrinkt Melbourne im Regen, es stürmt und blitzt, kein Derbywetter. Ich bleibe zu Hause und schaue mir das Hauptrennen im TV an. Normalerweise sind über 100.000 Zuschauer auf der Rennbahn, aber bei dem Wetter werden es „nur“ 84.000.
8. November. Zweiter Anlauf. Das Wetter ist sonnig-bewölkt, kein Regen. Aber mit ca. 17 Grad recht kühl. Von Flinders Station nach Flemington fahren mehrmals in der Stunde Sonderzüge. Die Fahrt dauert ca. 20 Minuten. Sehr bequem. Im Vorfeld höre ich, dass der Dress Code sehr konsequent überwacht wird, habe deshalb Zweifel, ob ich überhaupt ein Ticket für den Tag kaufen kann. Denn Krawatte, Sakko und Stoffhose gehören nicht zur Grundausstattung eines Weltrentners.
10:30am. Ich bin positiv überrascht. Das Tagesticket für 31 Dollar ist schnell gekauft, die Einlasskontrolle konzentriert sich auf die Damenhandtaschen. I did it!
Mein Ticket berechtigt zum Besuch der Ebenen 1 und 2 im Hauptgebäude, Essen und Trinken, zum Besuch von „The Park“, Essen, Trinken und Mode von Myer Fashions, und natürlich zum Besuch der Grünfläche (front lawn) an der Rennstrecke. Genau das will ich. Die Kleidervorschriften gelten für die privaten Lounges und corporate Bereiche, an denen es in Flemington nicht mangelt.
Ich schaue mir die Rennen an, zwischen den Rennen die Besucher und die Pferde in den Boxen.
Ich staune über leicht bekleidete Damen, die Temperaturen sind bei leichtem Wind gefühlt 16 / 17 Grad, und über die vielen Picknick-Gesellschaften an der Rennstrecke mit zumeist vollen Bechern, Gläsern und Flaschen, Sekt, Wein, Bier.
Ich genieße die Sonnenstrahlen, die kommunikative Atmosphäre, die Vielfalt der Outfits. Und ich fotografiere „Makybe Diva“, das erste und einzige Pferd, das den Melbourne Cup dreimal in Folge gewann, 2003 – 2005.
Um 5pm ist das Hauptrennen.
Aristia, Startnummer 2, gewinnt knapp in 2:40.54. Danach geht der Run auf die Züge los. Zurück zur Flinders Station. Ein für mich einmaliger Tag geht zu Ende. Denn ich war bislang noch nie bei einem Pferderennen. Trotz meiner 16 Jahre in Hamburg.