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Acht Herausforderungen für westliche Touristen – Das zweite Quartett

Nach Image/Einreise, Entfernungen/Autoverkehr, Kommunikation und Non-Alkohol folgt nun Teil 2. Die vier weiteren Herausforderungen für mich sind Frühstückskultur, Öffnungszeiten/Support für touristische Aktivitäten, Preise und Nijab. Bei allen gegenwärtigen Herausforderungen müssen jedoch zwei Punkte immer mitschwingen: Saudi-Arabien hat sich erst vor fünf Jahren dem internationalen Tourismus geöffnet und sollte deshalb nicht mit klassischen westlichen Urlaubsländern oder auch mit anderen Golfstaaten, die Vereinigten Arabischen Emirate als Beispiel, verglichen werden. Neue Infrastrukturprojekte können von oben verordnet werden, aber ein Wandel im Mindset der Menschen braucht Zeit.

Was macht der Gast, wenn er aus dem Doppelpack nur eine Scheibe will?

5     Frühstückskultur

Ungewohnt in beiden Vier-Sterne-Hotels, WAW Hotel in Riyadh und Blue Diamond Hotel in Jeddah, die Liebe zu Folien und Pappbechern. Für den O-saft müssen wir in Riyadh um Gläser bitten.

Überschaubar die Auswahl

Der Kaffee wird traditionell serviert, in Riyadh mit dieser Kaffeemaschine,

Wenigstens wird schnell nachgefüllt, wenn der Kaffee “kalt” wird. Rechts die Becher für den Kaffee

in Jeddah mit diesem schönen Exemplar von Braun für American Coffee

Hier stehen wenigstens Tassen für den Kaffeetrinker bereit

Kurz noch ein Blick auf die Toaster. In Riyadh,

Ein wundervolles Exemplar für ein Vier-Sterne-Hotel. Getoastet bedeutet dreimal nach unten drücken

In Jeddah

Hier muss die Toastscheibe nur zweimal durchlaufem

Andere Speisen sind ebenfalls mit Folie abgedeckt und zum Teil zusätzlich noch in einem Frischhaltekasten platziert.

Doppelt geschützt hält länger

Sunnyside eggs scheinen auch kein oft nachgefragtes Produkt zu sein. Für den Kaffee gibt es nur normale Milch, Laktose-Intoleranz, was ist das? In Jeddah wird meiner Frau Kamelmilch angeboten – nein danke. Obst ist nur zum Teil frisch, in Jeddah dominiert das Dosen-Obst. Als Joghurt gibt es maximal zwei Varianten. Dafür ist die Auswahl an Humus, Gemüse und Sweets riesig. Im Blue Diamond zähle ich im Schnitt elf verschiedene Gebäck-Optionen. Die arabischen Gäste lieben das. Gut ist, dass wir keine Breakfast-Fans sind.

Die Präsentation ist ok, in Riyadh

Wenigstens vier Sterne für die Augen

und in Jeddah

Das Übliche, in langen Reihen stehen die Frühstücksangebote. Hier die Desserts, ganz nach saudischem Geschmack

Irgendwie können wir das Frühstück nicht so wirklich genießen, zumal auch die Waiter kein Englisch sprechen. Ich bestelle für mich „Two eggs sunnyside“. Es kommen nach fünf Minuten zwei Portionen mit Eiern im Schatten. Merke: Wenn der Mann zwei Eier bestellt, hat auch die Frau zwei Eier zu essen.

Was passiert wohl im Rennen, wenn prayer time ist? Der wohl einzige Grand Prix auf der Welt mit religiöser Affinität

6     Öffnungszeiten und Support für touristische Aktivitäten

Dass in Saudi-Arabien Öffnungszeiten auch von Gebetszeiten abhängen, wird uns in der Flamingo Mall, Jeddah, bewusst. Mit dem Taxi zu Carrefour, um dort einzukaufen. Dummerweise kommen wir um 12:45 an, Carrefour ist geschlossen. Wie auch die gesamte Mall. Prayer Time. Wir müssen ca. 35 Minuten warten.

Zur Prayer Time geht nichts mehr. Die gesamte Mall ist geschlossen

Wir besuchen in Riyadh den Faisaliah Tower und wollen auf die Observation Plattform. Öffnungszeiten gemäß Aushang: 13:00 – 23:00. Als wir um 12:50 dort ankommen, sagt uns ein Security-Mitarbeiter, leider werde es 14:00. Warum? Kopfschütteln, no english. Als wir um 13:10 nochmals einen anderen Security-Mitarbeiter fragen, natürlich no english, liegt die Öffnungszeit bei 15:00. Wir verzichten. Zwei Stunden später stehen wir vor dem Eingang zur Skybridge, geöffnet ab 13:00. Die Tür ist verschlossen, mit uns stehen mehr als 30 geduldige Besucher in der Warteschlange. Nach 20 Minuten kommt ein Mitarbeiter und öffnet die Tür. Es war keine Prayer Time.

Manche sogenannten Attraktionen, wie Boulevard City in Riyadh, öffnen erst um 16:00. Verständlich, weil Entertainment für die lokale Bevölkerung erst in den Abendstunden beginnt. Was sich mir nicht erschlossen hat, ist das Unvermögen selbst eines Fünf-Sterne-Hotels in Jeddah, herauszufinden, ob der Jeddah Corniche Circuit für die Öffentlichkeit am Abend geöffnet ist, und an welchem Tag zu welcher Zeit auf dem Grand Prix Kurs Cycling stattfindet.

Großflächige Werbung an der Strecke – schade, ich wäre gerne auf dem Circuit geradelt

Denn das hätte ich gerne gemacht. So wie beispielsweise in 2017 in Abu Dhabi. Als ich dann meinen Corniche-Spaziergang mache, unter anderem entlang der Rennstrecke, komme ich zu der Überzeugung, dass gegenwärtig keine öffentlichen Sportaktivitäten stattfinden. Es wird gebaut, umgebaut, renoviert, Vorbereitung auf den Grand Prix Anfang März 2024?

Moderner Eingang, stilvolles Ambiente im Innern – der Besuch der High Speed Railway Station bleibt ohne Erfolg

Zur Abklärung einer Tagestour nach Medina sind wir daher, mal wieder mit Uber und zurück mit einem Taxi, zur Al Hamarain High Speed Railway Station gefahren, etwa 15 Kilometer von unserem Hotel in Jeddah entfernt. Online war eine valide Auskunft nicht möglich. Es ist Freitag, und wir können nur am Wochenende nach Medina. „ Economy Class, sold out“ Der junge Mann hinter dem Schalter spricht etwas Englisch. Hätte für die Hinfahrt, wäre um 8:32 gewesen, pro Person 218 SAR, also 54 Euro, gekostet. Zurück wäre der Preis 248 SAR gewesen. In der Business Class seien noch Plätze frei, 668 SAR pro Person für Hin-und Rückfahrt. Hätte also für zwei Personen, zwei Stunden Fahrt einfache Strecke, 1.336 SAR gekostet, umgerechnet 328 Euro. In Medina wollen wir Hop On – Hop Off machen, zwei Linien für ca. 30 Euro Person. Und dann noch die Taxikosten in Jeddah und Medina. Der Tag hätte uns, ohne Essen und Trinken, geschätzt 470 Euro gekostet. Zu teuer, und auch wahrscheinlich zu stressig. Rückfahrt wäre am Abend um 18:30 gewesen. Wir wissen zudem nicht, ob Fahrpläne eingehalten werden und Taxis in Medina zuverlässig sind. Wirklich schade, auf Medina, die zweitheiligste Stadt in Saudi-Arabien, hatte ich mich gefreut.

Die Lebenshaltungskosten sind nicht ganz so hoch wie der Preis für das berühmte “Arabian Horse”

7     Preise

Teuer ist immer eine Frage des Budgets. Für die beiden Hotels mit vier Sternen (zehn Nächte) und für das Ritz-Carlton in Jeddah (drei Nächte) zahlen wir in der Summe 2.237 Euro, macht im Durchschnitt 172 Euro die Nacht. Frühstück inklusive. Teuer für uns. Zum Ritz-Carlton schreibe ich einen separaten Beitrag.

Blick auf unser Hotel, zumindest auf einen Teil, in Riyadh. Da es an einer vierspurigen Hauptstraße liegt, getrennt durch eine Betonmauer von einer weiteren vierspurigen Straße, kann das Foto nur aus einem fahrenden Taxi gemacht werden

Und in Jeddah

The Blue Diamond, reichlich ungeschliffen, vier Sterne

Auch die Preise in den Restaurants sind sportlich. Hier zwei Beispiele:

Das preiswerteste Chicken Sandwich kostet in diesem normalen Restaurant in Riyadh knapp 20 Euro. Der gegrillte Salmon auf Quinoa knapp 40 Euro

oder

Für diese köstlich aussehende, gut schmeckende, aber recht dünne Lasagne bezahle ich 28 Euro

Ein gutes Steak kostet ein halbes Vermögen. In den Food Courts der Malls oder in kleinen Cafés abseits der Sehenswürdigkeiten sind die Preise natürlich günstiger, dafür hat das Essen aber auch oft Fast Food Charakter. Anyway, wir sind nicht verhungert, haben von Zeit zu Zeit auch in Hotels gegessen, und noch höhere Preise bezahlt.

Wie erkennt man eine Frau mit Nijab? An ihren Turnschuhen und am Smartphone

8     Nijab

Seit fünf Jahren ist es für die Frauen in Saudi-Arabien nicht mehr Pflicht, einen Gesichtsschleier (Nijab) zu tragen. Wer nun erwartet,  in der Öffentlichkeit in lächelnde Gesichter zu schauen, wird bitter enttäuscht. Ebenso muss es qua Gesetz keine schwarze Abaya mit schwarzem Kopftuch (hijab) mehr sein. Doch eine breite Farbpalette von Abayas ist nirgendwo zu sehen. Nur vereinzelt beige, blau oder weiß. Zu 98 Prozent  sind Abaya und Hijab schwarz und zu 90 Prozent tragen die Frauen einen Nijab mit Sehschlitz. Interessantes Detail: Im vermeintlich strengen Riyadh sehen wir weniger Nijabs als im scheinbar liberalen Jeddah. Frage auch: Warum boomt die Kosmetikindustrie?

Ein Nijab bedeckt das Gesicht unterhalb der Augenpartie und wird, mit und ohne Stirnband, hinter dem Kopf verknotet. Beim Essen und Trinken hebt die Frau den Nijab mit einer Hand an und führt mit der anderen Hand die Speisen zum Mund. Einmal, beim Frühstück im Hotel in Jeddah, legt eine jüngere Frau den Nijab ab.

Die „Schwarzgewandten“, wie wir sie bezeichnen, bestimmen das Straßenbild. Vorzugsweise am Abend ist die Corniche in Jeddah fest in ihrer Hand. Da westliche Touristen an zwei Händen abgezählt werden können, werden auch wir zu Fotoobjekten. Mehrmals, sowohl in Riyadh als auch in Jeddah, werden wir  „heimlich“ fotografiert. Leider können wir die Freude in den Gesichtern der Fotografinnen nur erahnen. Dass die weibliche Kleidung so wenig farbenfroh ist, daran gewöhnen wir uns. Aber dass wir nur in sich dynamisch hin und her bewegende Augen blicken, keine Mimik erkennen, macht uns fast depressiv. Da Körper und Gesicht als Erkennungsmerkmal ausfallen, bleiben vier Dinge übrig: Handtasche, Smartphone, Sonnenbrille und Schuhe.

Weitere Nijab-Impressionen, alle aus Jeddah

Picknick an der Corniche. Abends kommt in Jeddah Leben auf. Viele sitzen auf einem Teppich direkt am Wasser und genießen die Abendstunden

Oder gehen im Yacht Club flanieren

Die Teppichfraktion

Die Flanierfraktion

Im Gegensatz zu Saudi-Arabien ist der Oman „offen“. Hier zeigen mehr als 95 Prozent der einheimischen Frauen ihr Gesicht. Obwohl mehrheitlich die Abaya auch schwarz ist, scheint der Mut zur Farbe bei omanischen Frauen größer zu sein. So, dies sind also aus meiner kurzen, 14tägigen Mikrosicht die wesentlichen Herausforderungen für einen westlichen Touristen, der gegenwärtig Saudi-Arabien bereist.

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